Eine Bewerbung hat jeder schon einmal geschrieben oder wird sie in absehbarer schreiben (zum Beispiel, weil sich die Schulzeit dem Ende neigt). In der Regel beginnt man sein Arbeitsleben mit einer Ausbildung, nachdem die Schule (mehr oder weniger gut) abgeschlossen wurde.

Zweite Einleitung: In dem Unternehmen in dem ich beschäftigt bin (bzw. alle denken, dass ich beschäftigt bin während ich doch auf der faulen Haut liege: Liebe Grüße an meine Chefs an dieser Stelle 💙), bin ich seit knapp einem Jahr auch als Ausbilder tätig. Insgesamt bilden wir aktuell drei verschiedene Berufe in der IT-Branche (den Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung & Systemintegration, sowie den IT-Systemmanager) aus. Nun hat sich das letzte Schuljahr dem Ende zugeneigt, womit viele Schüler nun auf der Suche nach einem neuen Platz für die Zukunft sind.

Und man mag es kaum glauben: Aber ein Teil dieser jungen Menschen kommt auch tatsächlich bei uns an! Dabei sei auch der Agentur für Arbeit ein kurzes Lob ausgesprochen, welche unsere Angebote fleißig weiterreicht, Speed-Dates für Azubis mit der IHK organisiert (welche übrigens eine Menge Spaß gemacht haben) und für alle Fragen immer mal wieder bereitsteht. (Und ja: Das meine ich wirklich so!)

Nun flatterten also in den letzten zwei Monaten rund 200 Bewerbungen in unsere Postfächer (dabei bin ich echt froh, dass sie per E-Mail kamen und wir nicht etliche Bewerbungsmappen wälzen mussten, aber dazu gleich noch etwas mehr).

Wir sind im Betrieb also drei Ausbilder aus drei verschiedenen Bereichen und ich hatte die Ehre die Bewerbungen in der letzten Woche zu sortieren (auch dazu gibt es gleich noch ein Wörtchen).

So wühlte ich mich also durch rund 200 Bewerbungen von drei Berufen. Bei einigen Bewerbungen hatte ich Tränen in den Augen, weil sie toll waren und bei anderen, weil sie grauenvoll waren. Hier und heute möchte ich gerne ein bisschen aus dem Nähkasten plaudern und ein paar Dinge verraten, wie eine Bewerbung absolut nicht aussehen soll und vor allem, was derjenige der die Bewerbung lesen soll, auch wirklich lesen möchte.

Wie sollte eine Bewerbung aussehen?

Ja, wie sollte sie aussehen? Es gibt natürlich gewisse Grundsätze, allgemein gehören zu einer vollständigen Bewerbung:

  • Ein Anschreiben
  • Ein Lebenslauf
  • Zeugnisse & Zertifikate
  • Sonstige Nachweise

Ist erstmal nicht so viel. Es kommt nun natürlich darauf an, was die einzelnen Unterlagen hergeben und beinhalten und hier trennt sich die Spreu vom Weizen. 

Fangen wir erstmal damit an, wie ich eine Bewerbung sortiere. Wie sie mich triggert mir alle Unterlagen anzuschauen: Angenommen, du bewirbst dich bei uns für den Fachinformatiker Anwendungsentwicklung. Was interessiert mich hier? Ich möchte natürlich wissen (und das sind Dinge die in das Anschreiben oder von mir aus auch direkt in die E-Mail gehören – hier bin ich persönlich sehr flexibel, Hauptsache ich habe die Infos irgendwie):

  • Warum willst DU den Beruf lernen?
  • Was motiviert DICH den Beruf zu lernen?
  • Weißt DU überhaupt was in dem Beruf gemacht wird?
  • Hast DU vielleicht sogar schon Erfahrung, weil DU in DEINER Freizeit schon 5 Apps programmiert hast?

Ich glaube man erkennt worauf es hinaus läuft. Ich will in erster Linie (das kommt erst in zweiter Linie) nicht wissen, wie pünktlich du bist, was für ein guter Teamplayer du bist, was für gute oder schlechte Noten du geschrieben hast oder ob du gut backen oder kochen kannst. Klar, das sind alles Dinge, die kannst du versteckt mit einbauen (Kochen und Backen ist bei uns übrigens gerne gesehen und gibt schon mal insgeheim einen kleinen Karmapunkt) und es uns wissen lassen. Ich möchte also erst einmal wissen, dass DU diesen Beruf aus Überzeugung lernen möchtest und voll dahinter stehst. Das du dann ein guter Teamplayer und stets pünktlich bist, ist etwas, das kannst du mir im Bewerbungsgespräch erzählen, wenn wir dich nach deinen Stärken fragen.

An dieser Stelle hätte ich eigentlich gerne die eine oder andere Bewerbung präsentiert, es juckt faktisch in den Fingern, aber aus Gründen des Datenschutzes darf ich das natürlich nicht und werde auch niemanden anprangern. Aber das Anschreiben was ich damit meine, ist geschrieben wie geleckt. Der junge Mann stellt und lobt sich dort auf das Höchste. Er zählt Eigenschaften auf, womit Ihm ein Platz an Gottes Seite absolut sicher ist. Ich möchte auch gar nicht abstreiten, dass dem nicht so wäre. Schließlich kenne ich den Herren gar nicht persönlich und kann ihn nicht beurteilen.

Die Bewerbung wurde aber dennoch aussortiert. Aber warum?

Das ist einfach zu beantworten: In der kompletten Bewerbung wird nicht ein Wort darüber verloren, warum er sich für diesen Beruf entscheiden möchte. Warum er Anwendungsentwickler lernen möchte. Es ist absolut keine Motivation zu erkennen. Damit verliert die Bewerbung einfach an Persönlichkeit und Wert für mich . Die Noten dieses Bewerbers dürften im Durchschnitt nicht unter 1,5 gelegen haben. Ein super Schüler, dem das Lernen vermutlich auch locker von der Hand geht.

Jetzt dazu eine Bewerbung, die faktisch nicht schlimmer hätte sein können, aber der Herr in die engere Auswahl kommt.

Waaaaaas? Eine grauenvolle Bewerbung und er kommt „eine Runde weiter“?

Ja, so in etwa. Zunächst fehlte es in der Bewerbung an den Essentiellen Dingen. Eigentlich bestand die Bewerbung ausschließlich aus dem Anschreiben (was auch nur als E-Mailtext vorhanden war) und einem Lebenslauf.

Die E-Mail selbst hatte auch den einen oder anderen Schreibfehler, was vermuten lässt, dass sie einfach mal schnell zurecht gezimmert wurde. Der Lebenslauf war ziemlich mit Lücken behaftet und war eine von den tollen Vorlagen aus dem Internet (Ja, irgendwann erkennt man sie).

Aber mit was er mich getriggert hat? Die E-Mail lautete in etwa so:

Ja, meine Noten sind schlecht, mein Abitur habe ich irgendwann abgebrochen und allgemein war ich in der Schule nicht der Beste. Aber ich habe Spaß an dem Beruf, weil ich für mich selbst bereits 5 Apps entwickelt habe, die auch sogar funktionieren, ich mich in Programmiersprachen gut zurechtfinde.

Achso und übrigens: Hier ist mein Github Profil, da könnt ihr gerne mal einen Blick reinwerfen, was ich so gemacht habe.

Der Text ist ziemlich aus meinem Gedächtnis geschrieben und stellt die E-Mail nicht eins zu eins dar (auch mal wieder aus Datenschutzgründen und sowas, ihr wisst das ja). Daher ist der Text fiktiv. Die E-Mail selbst hingegen hatte nicht deutlich mehr Inhalt und vermittelte auch nicht viel mehr. Aber was war hier nun passiert?

In wenigen flapsigen Sätzen brachte derjenige es auf den Punk: „Ja, ich brenne dafür!“ 

Zugegeben: Zum lernen einer Programmiersprache muss man etwas von Logik verstehen, denn in der Regel sind Programmiersprachen alle sehr ähnlich aufgebaut. Oftmals ist der Ablauf gleich und es werden nur unterschiedliche Dialekte gesprochen, wenn man es einfach ausdrücken möchte (Und ja: Mir ist bewusst, dass bei manch einem vielleicht jetzt ein Kloß im Hals entsteht, der genau das Gegenteil herausbrüllen möchte ;D)

Also was ich damit sagen möchte: So Perfekt eine Bewerbung aussehen kann, so perfekt sie geschrieben ist, weil Ihr euch jede Hilfe geholt habt um das Maximum aus einer Bewerbung herauszuholen: Ohne euren persönlichen Hintergrund, warum ihr euch für den Beruf so sehr interessiert ist sie sehr wenig wert.

Und sonst so? Was gibt es denn noch so zu beachten?

Lügt nicht. Wirklich, lügt nicht. Nicht alles was sich gut anhört, ist auch gut. Ich habe auch Bewerbungen gelesen, in denen geschrieben wurde, dass unsere Mitarbeiter (also meine Kollegen, mit denen ich gewissem Umfang mehr Stunden in der Woche verbringe, als mit meiner eigenen Familie – auch hier geht ein lieber Gruß an euch raus, ich mag euch!) uns auf einschlägigen Plattformen bestmöglich bewertet und gut über uns geredet und geschrieben hätte.

Ähm… . Nein. Das macht keiner von uns. Es gibt zwar Bewertungen von ehemaligen Kollegen, aber die sind auch mit Kritik behaftet. Kritik ist gut, weil aus Kritik können wir gute Dinge machen und etwas ändern. Also nein, es gibt keine hochgelobten Bewertungen von ehemaligen (oder aktuellen) Kollegen. Von daher: Lüg nicht und zieh dir nichts aus den Fingern! In der Regel weiß eine Firma oder die Belegschaft ein paar Dinge über die Firma selbst. Im Zweifel wissen diese immer mehr als Du, weil Sie dort arbeiten.

Gebt uns keine Informationen, die wir nicht wollen. Warum? Unsere jedermanns Zeit ist kostbar. Kleines Rechenbeispiel: 200 Bewerbungen á 5 Minuten sind 1.000 Minuten, das entsprechen etwa 16 Stunden (aufgerundet sogar 17) reine Lese- und Denkzeit. Ich bin also zwei volle Tage damit beschäftigt Bewerbungen zu lesen, zu verstehen und für uns zu bewerten. Und zwei Tage ist nur ein theoretischer Wert. Ich sitz keine acht Stunden durchgehend am Tag und lese Bewerbungen, sprich ich teile mir die Aufgabe auf mehrere Tage auf und komme effektiv vielleicht auf zwei Stunden am Tag und schon bin ich damit 8-10 Tage jeden Tag ein bisschen beschäftigt.

Jetzt sind aber Bewerbungen dabei, mit Unterlagen und Bewertungen von Praktikas die absolut überhaupt nichts mit dem Beruf zu tun haben. Auch hier wieder ein reales Beispiel: Zu einer Bewerbung für den Systemintegrator, legte der Bewerber eine Bewertung von einem Au Pair-Auslandsjahr bei. Okeh… . Wir waren auf der Suche nach einem Systemintegrator. Kein Babysitter für die Kollegen. Ihr versteht auf was ich hinaus möchte, oder? Ich habs mir angesehen, das hat Zeit gekostet. Auch das kann man beiläufig im Lebenslauf erwähnen, wenn es keinen Kontext zum Beruf hat (gilt übrigens auch für Nicht-Ausbildungs-Bewerbungen).

Lasst die Unwichtigen Dinge weg!

Anders wäre es natürlich, wenn ihr ein Zeugnis oder eine Bewertung von einem Systemhaus habt, wo sie euch vier Wochen lang Server zusammenschrauben haben und einrichten lassen. Hier wird es dann wieder spannend! (Aber das dürfte dann eine Bewerbung als Au-Pair nicht interessieren, richtig?)

Was ist mit den Noten? In der Schule lernt man doch, dass sie das wichtigste sind. Ohne gutes Zeugnis braucht man sich doch eh nirgends bewerben.

Ja. Nein. Vielleicht. Kann man so genau nicht sagen. Auch hier ein Beispiel aus dem echten Leben: Ein Bewerber bewirbt sich bei uns mit doch relativ „schlechten“ Noten. Muss so um einen guten vierer-Schnitt gewesen sein, mit sogar der einen oder anderen fünf als Ausrutscher. Interessiert mich nicht. OK, das ist zu einfach gesagt. Es interessiert mich schon, aber ich gucke in der Regel nur auf die Noten die für den Beruf interessant sind. Wenn Du Anwendungsentwickler werden möchtest, interessiert es mich erstmal nicht ob du in Biologie die mendelschen Gesetze kannst oder das Periodensystem vor- und rückwärts aufzählen kannst. Nur weil du das nicht kannst, bedeutet das nicht gleich, dass du für mich raus bist. Anders wäre es z.B. wenn du kein Wort Englisch sprichst und verstehst, weil du früher immer Gedacht hast „Englisch? Brauch ich im Leben nie. Den Unterricht schwänze ich!“. Hier kommen wir dann an einen Punkt, der für den Beruf wichtig werden kann. Da gehts dann um Dokumentationen und Inhalte die du aufnehmen und ggf. verfassen musst. All sowas muss nicht perfekt sein, aber es muss ein gewisses Können vorhanden sein.

Noten sind nicht alles! Egal, was Mama, Papa oder die Schule erzählt!

Nun komme ich langsam auch mal zum Ende: Wichtig ist in erster Linie also, dass du mit deiner Bewerbung keinen Perfektionsmuss ausstrahlst und zeigst „Ich hab alle Regeln für eine perfekte Bewerbung eingehalten“, sondern, dass du auch deine persönliche Einstellung und dich selbst in dem Beruf wiederfindest. Leider ist es eben nicht einfach nur damit getan wenn man sagt „Ja, ich zocke den ganzen Tag gerne, dann werd ich halt Fachinformatiker für Systemintegration“. Das sind zwei völlig verschiedene paar Schuhe. Du musst dem (Wunsch-) Betrieb mitteilen, warum sie dich nehmen sollen und genau das verkörpern. Denn eines ist sicher: Es gibt Konkurrenz. Viel Konkurrenz!

Sucht euch euren Beruf gut aus. Optimalerweise arbeitet ihr in diesem die nächsten 50 Jahre (oder mehr, je nachdem was das Rentensystem für euch bereithält). Über Umwege findet man auch manchmal seinen Pfad (das galt übrigens auch für mich, ich begann meine Ausbildung mit 29 Jahren).

Schaut euch die Berufsbeschreibungen z.B. auf www.ausbildung.de an und stellt die Aufgaben auch einfach mal in Frage. Googelt oder sucht das Gespräch mit der Agentur für Arbeit (die helfen euch nämlich bei der Findung) oder macht einfach mal ein Praktikum bei einer Firma in eurer nähe und schnuppert euch durch. Selbst wenn ihr das ein Jahr lang macht und viele Richtungen ausprobiert: Ihr werdet merken was euch liegt und was nicht.

Und das kommt am Ende nicht nur euch, sondern auch einem Betrieb zu gute, der euch etwas beibringen möchte. Seid glücklich und erfüllt in dem was ihr macht, dann habt ihr die besten Chancen zu den zukünftigen (Fach-) Arbeitskräften zu gehören, die in Deutschland fehlen.

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Kategorien: Job & Arbeit

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